Mittwoch, 27. Februar 2008

Wieder im Labor

(Anna)
Heute war Richard den ganzen Tag mit mir im Hydra-Praktikum. Ich hatte schon vor einigen Tagen mit den Betreuern eine Diskussion über Homeschooling eröffnet, und die Kinder als solche "geoutet". Wie erwartet, waren alle mehr oder weniger geschockt und haben eine Menge Vorurteile aktiviert. Richard hatte also schon seinen Stempel, noch bevor sie ihn gesehen hatten.

Umso lustiger war es für mich zu sehen, wie er diese Vorurteile alle über den Haufen gerannt hat.

Es ging los in der einführenden Vorlesung beim Prof: Richard setzte Humpit und Humpitummy beide auf ihren eigenen Stuhl, neben sich. Als der Prof gerade anfangen wollte und die Gruppe ansprechen wollte, fiel sein Blick auf die zwei Teddybären, die ihn erwartungsvoll anschauten, dann auf den kleinen Jungen, der ihn ebenfalls erwartungsvoll anguckte. Als er seine Sprache wieder gefunden hatte, hat er dann gefragt, ob der Richard auch Unterlagen braucht. Richard antwortete klar und deutlich " nein, und die Teddybären brauchen auch keine".
Dann hat er sich eine ganze Stunde selbst beschäftigt (Bilder gemalt, Schlümpfe gespielt) und hat die Vorlesung gar nicht unterbrochen oder gestört.
Im Labor ist er dann gleich zu meinem Platz und hat sich ein Binokular geschnappt und wollte gleich was angucken. Also hab ich ihm was drunter gestellt und ihm alles eingestellt. Seine Reaktion: "Wow, Mummy, look at that!". Und so ging es munter weiter. Oft kamen Hilfangebote von den Betreuern, die ihm Bilder am Bildschirm zeigen wollten, statt mit dem Bino zu arbeiten, und die Glaspipetten viel zu gefährlich fanden für kleine Jungs, bis sie ihn damit hantieren sahen.

Er war besonders angetan von den Monsterhydren, die heute schon voll entwickelt waren. Zu denen würde er aber nicht hingehen, hat er mir gesagt. Salzkristalle von der Breze waren auch ein Renner.

Zwischendurch hat er mit den Schlümpfen gespielt und gesungen, ist im Foyer herumgelaufen, hat Sachen gezählt, dann rote Sachen gezählt, hat mit einem Zähler gezählt und hat sich dann wie die Mama die Zahlen notiert, und hat natürlich mit allen Leuten geredet, und war gar nicht scheu, übermäßig bemuttert oder nervig oder gar "etwas hinterher", "obwohl er nicht in der Kindergarten geht", wie eine der Betreuerinnen erstaunt feststellte.
Und immer wieder wurde ich gefragt: "und wie alt ist der jetzt nochmal?"...
Zuletzt hat er noch die Professorin zurechtgewiesen, die sich von ihm auf Englisch verabschieden wollte. Er sagte: "Aber du bist Deutsch, warum sprichst Du dann Englisch mit mir?" Sie war etwas überascht, hat ihm aber dann Recht gegeben.

Tja, ich denke, wir habe heute was für Homeschooling geleistet, und Richard hat es Spaß gemacht und mir auch.

Auf dem Weg aus der Uni sind wir an zwei Glaskästen vorbeigekommen, in denen (vor-)steinzeitliche menschliche Knochen, Werkzeuge etc ausgestellt waren. Ich war überzeugt, dass Richard jetzt -so wie ich- genug hatte und einfach nur nach hause wollen würde. Aber er ist vor jedem ausgestellten Objekt stehen geblieben und hat es sich erklären lassen. Es müssen um die 20 gewesen sein. Ich war beeindruckt.
Bevor wir uns ins Auto gesetzt haben, haben wir noch auf einem Feld zum Ausgleich Monsterhydra gespielt: ich war die Monsterhydra und konnte nicht sehen, wo meine Beute ist, sondern musste sie spüren (ich durfte aber rennen). (Ich konnte nichts sehen, weil der Richard ganz richtig festgestellt hat, dass sie keine Augen haben.)

Hat Spaß gemacht!

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