Freitag, 4. April 2008

Zuhause ohne Mama

(Mama)
Heute abend hat sich Chopper gewünscht, dass ich morgen (Samstag) auch wieder zum Praktikum gehen soll. Ich habe ihn gefragt, warum, und er sagte: weil dann die Nami mit mir spielt.
Es ist tatsächlich so: Nami weint sehr viel wenn ich da bin und stößt sich/fällt hin etc. Sie hat dann gar keine Energie, sich mit anderen Dingen oder Menschen zu beschäftigen. Also funktionert das gemeinsame Spielen auch nicht. Das ist wohl ganz anders, wenn ich weg bin.

Also habe ich Chopper versprochen, dass ich die beiden nicht störe, wenn sie spielen.

Und ich muss eine Lösung finden, die der Nami die Sicherheit gibt, die ihr anscheinend zur Zeit fehlt.

Studenten

(Mama)

Zur Zeit sitze ich wieder jeden Tag in einem Praktikum in der Uni. Diesmal geht es um verschiedene Mikroskope und Mikroskopiertechniken. Ich mache dieses Praktikum, weil es mich genervt hat, dass ich bisher ein Mikroskop nicht richtig einstellen konnte. Mein Ziel ist es, Mikroskope zu verstehen und sie mit Verständnis bedienen zu können.
Ich sitze mit 6 weiteren Studenten jeden Tag zusammen.

Ich zähle sie mal auf:
Nr.1: Total interessiert, versteht alles wirlich in der Tiefe, und wenn er was nicht versteht, fragt und liest er so lange, bis er es versteht.

Nr.2 /3/4/5: kann man zusammenfassen: Sie interessieren sich nicht im geringsten. Sie tun zwar so, so lange der Betreuer im Raum ist, aber sobald der weg ist, fangen die doch tatsächlich an, Kartenspiele (Poker, Karten) über Internet zu spielen. Und das macht nicht etwa jeder für sich. Nein, da rufen sie sich (LAUT!) irgendwelche Tips zu und wie ihr Spiel gerade verläuft etc. Schlimmer noch: Sie spielen zusammen, über Internet, gegen irgend jemanden im Netz. Da muss man sich natürlich koordinieren, und nein, das geht nicht in einer normalen Lautstärke, sondern muss eigentlich immer in Wirtshaus-Ton zugegröhlt werden.
Auch typisch für diese Gruppe ist, dass sie sich laut über ihre Erfahrungen bei der Bundeswehr auslassen. Der lauteste, dümmste, aktivste Mobber hat natürlich 2 Jahre gedient und ist Leutnant, und die anderen aus dieser Fraktion tun ihm möglichst alles nach.
Einer hat sogar während der Betreuer uns etwas erklärt hat, angefangen, Solitär am Computer zu spielen. Ich war erschüttert von so großer Respektlosigkeit.
Die Mitglieder dieser Gruppe verändern sich total wenn sie einen Vortrag halten. Dann wird ein ganz neuer Satz Gestik und Mimik aufgesetzt, die Sprache verwandelt sich, aber ein geübter Blick genügt: Die Veränderung ist nur äußerlich. Das Interesse ist immer noch 0.

Dann gibt es noch Nr 6, meine Gruppen-Partnerin, und die einzig andere Frau im Praktikum. Sie ist total frustriert zu Zeit, weil sie in ihrem Studium nicht die Zeit hat, die Dinge in der Tiefe zu lernen, die sie sich vorstellt. Aus dem ganzen Sozial-Gemetzel der restlichen Gruppe halten wir uns raus.

Nr.1 wird von den anderen Jungs (Männer sind das nun wirklich nicht...) gemobbt, wo es nur geht. Z.B. ist ja sein Gruppen-Partner immer nur damit beschäftigt, Spiele zu spielen. Wenn er das nicht macht, schreit er den anderen irgendwelche Tips zu deren Spiel zu. Nr.1 schreibt alle Protokolle, bereitet den gesamten Vortrag vor, erklärt seinem dummen Partner alles, obwohl der ihm gar nicht zuhört, etc. Er wird im Allgemeinen als "mein congenialer Partner" referenziert. "Wenn's ihm Spaß macht" ist auch noch ein häufiger Satz über ihn.

Vor ein paar Tagen hatte ich ein nettes Gespräch mit einem studierten marokkanischen Laser-Physiker, der jetzt in der Strahlenmedizin arbeitet (derzeit am CT). Der hat gesagt, dass er das nicht versteht, dass naturwissenschaftliche Promotionen so lange dauern (5 Jahre). In anderen Ländern dauert das nur 3 Jahre. Ich musste es ihm sagen: es ist auch nötig. Die Diplom-Biologen, die ich kenne (mit ein paar Ausnahmen) , haben in ihrem Studium nichts anderes gelernt, als sich "gebildet" auszudrücken, d.h. mit möglichst fremden Wörtern möglichst verschachtelte Sätze in einem möglichst nasalen Ton zu bilden. Diesen unnatürlichen Zustand halten sie auch nur über etwa 1-2 Stunden aus.
Als ich ihm dann gesagt habe, dass wir ja sowieso auswandern müssen, weil wir unsere Kinder nicht zur Schule schicken werden, hat er geantwortet: ja das ist wirklich eine gute Entscheidung. Für die Kinder und für die Doktorarbeit. :)

Donnerstag, 3. April 2008

Amazing Grace

(Papa)
Abends (also eher spät Abends) setze ich mich jetzt immer noch zu den Kindern ins Zimmer und erzähle was, oder wir sprechen über dies und das oder ich singe etwas vor.

Da ja Chopper vor ungefähr einer Woche Angst im Dunkeln bekam, hielt ich es für gut, ihm ein paar Heldengeschichten zu erzählen. Also habe ich mir Gustav Schwab ausgeliehen (Griechische Sagen) und lese Herkules durch, am Abend erzähle ich ihm dann immer aufbereitet ein Kapitel oder zwei.
Praktisch, dass Herkules gleich als kleines Baby gleich zwei Schlangen erwürgt.
An zwei Stellen überraschte er mich, mit seiner Merkfähigkeit. "Herkules, wie in dem Plum Buch sagte er" - nach langem Überlegen fiel es mir ein "Serafin - Lesen verboten" da ist der Plum und seine kleine Maus Herkules.
Beim nächsten Mal. Papa:"Wagen, das waren Kutschen ohne Dach" - Chopper:"Kutschen, wie in dem Maus Buch". Nach langem überlegen komme ich darauf, dass wir ja wirklich vor einem halben Jahr öfter das Buch "Die Maus - Autos" gelesen haben.
Ich war ganz schön überrascht.

Oft sprechen wir aber über dies und das. Das ist auch sehr schön.
Gestern aber haben sie sich immer wieder "Amazing Grace" gewünscht. Ein Lied das von jemanden handelt, der in einem besonderen Augenblick den Glauben fand.

Ich habe mir das so wundervoll vorgestellt, wenn man irgendwann auf einmal etwas erlebt oder sieht, dass man von da an, an Gott glaubt.
Ich muss zugeben mir ist das noch nicht passiert. Und ein Glaube an Gott fiele mir schwer. Aber das Lied hat mich doch zu Tränen gerührt. Und an manchen Stellen konnte ich gar nicht mehr weitersingen. Ich weiß noch, dass ich, als ich klein war den Text verzweifelt gesucht habe (es gab noch kein Internet) und irgendwann (als ich Weihnachten in der Kirche war) suchte ich das ganze Liederbuch ab, und schrieb es dann während des Gottesdienstes ab, lernte es auswendig und seitdem kann ich es.
Hier der Text für alle:
Amazing Grace, that beauty sound, that saved a wretch, like me.
I one was blind but now can see, was lost but now I'm found.

'T was grace, that taught, my heart, to fear, and grace, my heart, relieved.
How precious did, that grace appear, the moment, I first believed.

Leider waren in dem Liederbuch nur die ersten zwei Strophen :)

Auswendig lernen in der Schule konnte ich nie, und wollte ich auch nie. Ich habe immer mit meinem Herzen gelernt, und während ich jedes Gedicht in Deutsch versiebte, kann ich doch so viele Lieder "by heart" oder "par coeur".

Entwicklung des Vorlesestoffs

Ich wollte nur einen kurzen Abriss der Entwicklung des Vorlesestoffes vom Chopper geben. Er ist eigentlich recht ähnlich zu meinem Lesestoff damals, als ich aber schon in der Schule war.

Bilderbücher
Petzi
Schlümpfe
LTB - Lustige Taschenbücher (Donald Duck)

(Eine komplette Liste habe ich auch, kann ich bei Bedarf zuschicken)

Lesen III und Schreiben

(Papa)
Wir machen jetzt fast jeden Abend eine mehr oder weniger lange Liste von Wörtern.
Erst sagt Chopper mir ein Wort, ich versuche das dann zu schreiben. Er liest mir dann vor, was ich geschrieben habe, und umso kläglicher ich gescheitert bin, desto mehr lachen wir beide.
In der Bibliothek habe ich jetzt endlich ein Buch gefunden, dass Choppers Lesefähigkeiten von der "Passung" her optimal entspricht. Es heißt: Mein erstes Bilderlexikon von A - Z (von Oliver Regener). Es sind alle Wörter in Großbuchstaben geschrieben, außer die Artikel (also der, die, das).
Ein paar kleine Fehler hat das Buch zwar noch:
-Die Schriftgröße sollte schon etwas größer sein (Besonders wegen diesem Punkt benütze ich das Buch selten, denn wenn er sich anstrengen muss um die Buchstaben zu erkennen, dann kann sich das vielleicht negativ auf seine Augen auswirken).
-Bei dem Buchstaben S stehen viele Wörter wie Stift drinnen (das bedeutet man muss sie Schtift lesen, und das ist ja schon fortgeschritten)
-Viele Wörter haben CH und SCH drinnen, und das ist auch schon fortgeschritten.

Sonst sind es aber gute Bildchen mit der jeweiligen Bezeichnung. Auch ein Vulkan, und so vergeht kein Tag an dem Chopper nicht den Vulkan sucht und dann sofort zur Tafel eilt und VULKAN schreiben will (heute: LNVUKA, das L kommt bei allen Wörter immer erst nachträglich rein, sehr komisch) .
MAMA kann er mittlerweile komplett selber ohne Hilfe. MAGMA mag er auch gerne. Und ich muss immer SCHWARZSCHLÜMPFE UND BLAUSCHLÜMPFE und NAGNAG schreiben.
Mittlerweile fängt er auch an spontan Aufschriften zu lesen, was einen manchmal recht verwirrt, wenn er mit irgendeinem Wort anfängt, und man weiß nicht: wo kommt das her? was meint er?


Als ich letztes Mal Nami eine Geschichte vorgelesen habe, hat sie lange andächtig zugehört und irgendwann mitten ins Buch gezeigt und gesagt "H".
Ich war überrascht. Es macht wohl viel aus, dass der große Bruder lesen lernt.

Sonntag, 30. März 2008

Sozialisation

(Mama)

Heute war anscheinend Social Sunday bei uns. Und es zeigte sich mal wieder: Der Kindergarten kann es nicht sein, der Kinder zu sozialen Mitgliedern der Gesellschaft machen, die die Fähigkeit besitzen, mit anderen Menschen zurechtkommen.
Vormittags auf dem Spielplatz: Mit dem anderen Kind dort gespielt, den Chopper und Nami vorher einmal kurz in der Tür gesehen haben. Großes Sand-Bewegungs (Erdbewegungs) Projekt gestartet.
Nachmittags bei noch nie besuchten Nachbarn: Chopper verschwindet mit der 5-fast 6 jährigen in ihr Zimmer (mit der er noch nie vorher gespielt hat, wir sind ja im Winter hergezogen, da waren nicht viele Kontakte zu schließen). Die beiden spielten zusammen, und Chopper kam nicht mal auf die Idee, zu fragen, ob ich mitkomme. Von dem, was ich gehört habe, hatten die beiden richtig Spaß zusammen.

Und Nami sagt jedem Passanten/Hund hallo.

So viel zur fehlenden Sozialisation von home- bzw. unschooler Kindern.
Was können wir denn dafür, dass Kinder im Allgemeinen unter der Woche nicht zuhause sind, sondern eingepfercht in den zahlreichen Bildungsanstalten das Leben verlernen? Sonst wär hier auch Mo-Di-Mi-Do-Fr was los in der Straße, und es käme gar nicht zu solchen Gesprächen (wie heute):
Ich: Wir machen Do immer großen Kindertag, und alle Kinder sind willkommen. Wollt ihr eure mal vorbei schicken?
Eltern: Ach Do? Schade, da hat A ihren langen Tag in der Schule, und Kochkurs danach. Sie kommt erst um 17.30 nachhause. Und B ist auch erst um 16.00 da. Mo wäre bei uns aber gut! Da sind die Kinder schon um 15.00 da.
Ich: Mo ist Kindertag bei der anderen Familie (der Familie vom Lysop), aber da kann ich leider keine Leute dazu einladen.

Vielleicht schaffen wir es ja, die Termine umzuschichten. Dann können die vielleicht auch kommen. Das ist nämlich eine wirklich nette und sympatische Familie.

Lesen II

(Mama)

Chopper kann ja jetzt lesen. Was ich aber sehr interessant finde, ist dass es ihn erst in den letzten Tagen angefangen hat zu beschäftigen. Das heißt, er sitzt jetzt ganz oft z.B. auf der Toilette und untersucht Wörter, indem er sie Buchstabe für Buchstabe ausspricht. Er erklärt mir auch, dass wenn er z.B. M-A-S schreibt, es dann Mas heißt, und nicht Maus, denn Maus wäre M-A-U-S. Und so weiter.
Schreiben scheint ihm eine große Befriedigung zu geben: Heute, nachdem er lange bei Nachbarn gespielt hatte, kam er gar nicht mehr dazu, zuhause angekommen, sich die Schuhe aus zu ziehen. Allergrößte Priorität hatte für ihn, die Tafel, (die bei uns am Eingang hängt), ganz voll zu schreiben. Das ist ungefähr ein Quadratmeter (aber er hat auch eine große Schrift...) . Die ersten Zeilen waren nur Buchstaben und ab der Hälfte ungefähr kamen Wörter. Über das Wort KULMIN hat er sich besonders gefreut. Er hatte es KOMAN geschrieben, ganz ohne Hilfe. Es war auch seine eigene Idee, wir haben noch nie mit ihm das Wort Kulmin geschrieben.
Ich bin begeistert: Er hat eine Fähigkeit gelernt, und arbeitet selber daran, diese Fähigkeit auszubauen. Er hat eine Vorstellung und den Wunsch, sie zu verwirklichen, also geht er hin und verwirklicht sie mit seiner neuen Fähigkeit.
Wozu sollte dieser kleine Mensch Schullehrer nötig haben???!!!