Donnerstag, 28. Februar 2008

Höher, immer höher bis wir in Grönland sind

Richi und Charisma waren heute mit mir am Spielplatz (zusammen mit unserem Nachbarsjungen, dem Alois).
Richi hat sich dann irgendwann mit Charisma in die Schaukel gelegt (eine von den Schaukeln, die aussehen, wie ein Teller von einem Goliath) und hat mir diktiert, wie oft er angeschubst werden will.
Erst 5 Mal. Dann 3 Mal, dann 12 Mal und dann sogar 15 Mal.
Da schaukelten sie wirklich hoch, und mir wurde ein bisschen mulmig. Aber sie lachten beide vor sich hin, und hielten sich an der Hand.
Charisma hielt die Augen geschlossen und genoss die Fahrt im Wind.
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Ich habe heute auch alle Politiker und ihre Sprecher angerufen, da bei uns am Sonntag Wahlen sind.
Folgender Dialog zusammengestellt aus Originalzitaten fasst den Wissensstand der Politiker zusammen:

Ich: "Was halten sie von Homeschooling?"
Pol: "Was für ein Ding?"
Ich: "Homeschooling, Bildung in Familien"
Pol: "Ach so, das soll es ja in Grönland geben. Aber hier ist das absurd!"

Ich fand das ganz interessant, da es echt immer so schien, dass sie überhaupt nichts wüßten, und dann innerhalb von wenigen Sätzen zu dem Urteil: "Absurd" kamen.
Die FDP hat zumindest jemanden abgestellt, der diese Sache jetzt untersucht. Dann wird er einen Vorschlag machen.
Mal sehen, ich hab zumindest die EMail-Adresse.
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Richi hat heute viele Wörter gelesen (GLUCK, JUHU, GOLD, ...) und dann, nachdem ich fertig war mit Story-Erzählen für heute, hat er sich es selbst noch im Bett gemütlich gemacht und ist das ganze Heft noch einmal durchgegangen.
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Mit Mama hat er heute Hydra gespielt, er hat durch das Binokular geschaut (natürlich nur ein eingebildetes) und Mama hat mit ihren Tentakeln gewirbelt.
Der Professor hat heute schon nach seinem "Erstsemestler" gefragt und Richi hat unabhängig davon, gleich in der Früh gesagt, dass er jetzt jeden Tag mit in die Uni kommen will.

Zum Abendessen ist er wieder aufgestanden und hat auf seinem Stuhl referiert (über was auch immer, auf jeden Fall lacht er sich bei jedem Halbsatz ins Fäustchen).
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Dann hat er mir auf der Toilette noch ein Buch vorgelesen (Der spielende Mensch), da er natürlich noch nicht lesen kann, hat er erst erzählt. Ab Seite 10 hat er dann gesagt, ab hier kommen Lieder und dann hat er 40 Seiten lang, jede Seite ein neues Lied gesungen.
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Auf dem Spielplatz habe ich jetzt endlich die Zeit herausgefunden, zu der die anderen Mütter alle da sind: 15 Uhr - 17 Uhr (mit dem Glockenläuten stehen sie ALLE GEMEINSAM auf).
Ich dachte erst, die gehen wegen mir :), wahrscheinlich wahr es aber Marienhof (oder so etwas).
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Eine ganz wichtige Sache: Richi hat heute seine Feuertaufe beim Frühstückmachen gefeiert. Er macht jetzt für sich und Charisma immer das Frühstück. Charisma feuert ihn dabei zusätzlich an: "Noch mehr"

Mittwoch, 27. Februar 2008

Wieder im Labor

(Anna)
Heute war Richard den ganzen Tag mit mir im Hydra-Praktikum. Ich hatte schon vor einigen Tagen mit den Betreuern eine Diskussion über Homeschooling eröffnet, und die Kinder als solche "geoutet". Wie erwartet, waren alle mehr oder weniger geschockt und haben eine Menge Vorurteile aktiviert. Richard hatte also schon seinen Stempel, noch bevor sie ihn gesehen hatten.

Umso lustiger war es für mich zu sehen, wie er diese Vorurteile alle über den Haufen gerannt hat.

Es ging los in der einführenden Vorlesung beim Prof: Richard setzte Humpit und Humpitummy beide auf ihren eigenen Stuhl, neben sich. Als der Prof gerade anfangen wollte und die Gruppe ansprechen wollte, fiel sein Blick auf die zwei Teddybären, die ihn erwartungsvoll anschauten, dann auf den kleinen Jungen, der ihn ebenfalls erwartungsvoll anguckte. Als er seine Sprache wieder gefunden hatte, hat er dann gefragt, ob der Richard auch Unterlagen braucht. Richard antwortete klar und deutlich " nein, und die Teddybären brauchen auch keine".
Dann hat er sich eine ganze Stunde selbst beschäftigt (Bilder gemalt, Schlümpfe gespielt) und hat die Vorlesung gar nicht unterbrochen oder gestört.
Im Labor ist er dann gleich zu meinem Platz und hat sich ein Binokular geschnappt und wollte gleich was angucken. Also hab ich ihm was drunter gestellt und ihm alles eingestellt. Seine Reaktion: "Wow, Mummy, look at that!". Und so ging es munter weiter. Oft kamen Hilfangebote von den Betreuern, die ihm Bilder am Bildschirm zeigen wollten, statt mit dem Bino zu arbeiten, und die Glaspipetten viel zu gefährlich fanden für kleine Jungs, bis sie ihn damit hantieren sahen.

Er war besonders angetan von den Monsterhydren, die heute schon voll entwickelt waren. Zu denen würde er aber nicht hingehen, hat er mir gesagt. Salzkristalle von der Breze waren auch ein Renner.

Zwischendurch hat er mit den Schlümpfen gespielt und gesungen, ist im Foyer herumgelaufen, hat Sachen gezählt, dann rote Sachen gezählt, hat mit einem Zähler gezählt und hat sich dann wie die Mama die Zahlen notiert, und hat natürlich mit allen Leuten geredet, und war gar nicht scheu, übermäßig bemuttert oder nervig oder gar "etwas hinterher", "obwohl er nicht in der Kindergarten geht", wie eine der Betreuerinnen erstaunt feststellte.
Und immer wieder wurde ich gefragt: "und wie alt ist der jetzt nochmal?"...
Zuletzt hat er noch die Professorin zurechtgewiesen, die sich von ihm auf Englisch verabschieden wollte. Er sagte: "Aber du bist Deutsch, warum sprichst Du dann Englisch mit mir?" Sie war etwas überascht, hat ihm aber dann Recht gegeben.

Tja, ich denke, wir habe heute was für Homeschooling geleistet, und Richard hat es Spaß gemacht und mir auch.

Auf dem Weg aus der Uni sind wir an zwei Glaskästen vorbeigekommen, in denen (vor-)steinzeitliche menschliche Knochen, Werkzeuge etc ausgestellt waren. Ich war überzeugt, dass Richard jetzt -so wie ich- genug hatte und einfach nur nach hause wollen würde. Aber er ist vor jedem ausgestellten Objekt stehen geblieben und hat es sich erklären lassen. Es müssen um die 20 gewesen sein. Ich war beeindruckt.
Bevor wir uns ins Auto gesetzt haben, haben wir noch auf einem Feld zum Ausgleich Monsterhydra gespielt: ich war die Monsterhydra und konnte nicht sehen, wo meine Beute ist, sondern musste sie spüren (ich durfte aber rennen). (Ich konnte nichts sehen, weil der Richard ganz richtig festgestellt hat, dass sie keine Augen haben.)

Hat Spaß gemacht!

Montag, 25. Februar 2008

Rollenspiele: Wer ist denn jetzt die Mama ?

(Anna)
Charisma und ich haben heute zum allerersten Mal ein Rollenspiel gespielt.
Dazu noch eine kleine Vorgeschichte, wie es seit Charisma krank war zwischen mir und ihr läuft:

Sie steht am Kücheneingang und sagt "Carry!(Tragen, bitte)". Ich -mit beiden Händen am kochen- sage: "Nein, es geht grad nicht, aber Du kannst ein Cuddle (Kuscheln) haben, wenn Du willst". Das will sie meistens, und dann will sie mich nicht wieder weiterarbeiten lassen, und hält fest. Dann einige ich mich entweder mit ihr auf "one more cuddle", oder, wenn es dringend ist, muss ich halt "Nein" sagen. Dann weint sie und ist enttäuscht.
So geht es seitdem sie krank war und ich sie sehr viel herumgetragen habe, weil sie wirklich kaum stehen konnte und verständlicherweise auch ganz viel Nähe wollte.

Im Rollenspiel haben wir das am Samstag umgedreht:

Beim Zähneputzen spielen wir immer ein bisschen. Diesmal habe ich mich einfach benommen wie sie sonst ("Carry!" "Cuddle!") und gewartet was passiert. Sie hat tatsächlich dann meine Rolle übernommen, und erst berechnend geschaut, und hat dann voller Vorfreude gesagt "No!".
So eine Frechheit :) !
Als ich dann "enttäuscht" war, hat sie mir ein Cuddle angeboten, und immer wieder gefragt, ob ich mich wieder gut fühle, oder ob ich noch ein Cuddle brauche.

Das haben wir ein paar Mal gespielt, dann ist Richard dazu gekommen. Nach langem sich wundern, machte er dann munter mit.

Meine Reaktionen waren natürlich sehr leicht zu erahnen. Für mich war es höchst entzückend, wie ich auf ihren Gesichtern sehen konnte, dass sie sich meine Reaktion zuerst ausgemalt haben, bevor sie etwas gesagt haben. Wenn dann die erwartete Reaktion eingetroffen ist, haben sie sich kurz gefreut, und haben dann konzentriert weiter gespielt.
Oft haben sie sogar zusammengeholfen, um eine Lösung zu finden, mich wieder "glücklich" zu machen.
Und die ganze Zeit wussten sie genau, dass alles nur ein Spiel war, haben aber für den Ernstfall geprobt.

Es war, denke ich, ein sehr intensives Erlebnis für uns alle was wir sicher bald wiederholen und ausbauen werden. Vielleicht krieg ich ja doch noch einen Carry.